Gleich bei der ersten inhaltlichen Sitzung (nach der rein formalen Konstituierung am 25. Juli) war die neue AfD-Fraktion mit Hansjörg Schrade, Ingo Reetzke und Hans Peter Stauch MdL mit eigenen Anträgen und deutlich kritischen Redebeiträgen präsent.
Auskreisung – die Angst der Anderen vor dem Bürger
Erwartungsgemäß wurde der AfD-Antrag, die Klage beim Verfassungsgerichtshof gegen die Ablehnung der Auskreisung zurückzunehmen, von allen anderen Parteien zurückgewiesen. Es war der Gemeinderat der Stadt Reutlingen gewesen, der die Entscheidung des demokratischen Gremiums Landtag nicht akzeptiert hatte. Der Landtag hatte den Antrag abgewiesen, nachdem das Innenministerium mit einer über 800 (!) seitigen Antwort viel Text produziert hatte. Schrade warnte die anderen Fraktionen vor dem Imageverlust, wenn auch der Staatsgerichtshof die Großstadtträume von Reutlingen ins Reich der Phantasie schicken würde. Doch nicht einmal die Grünen Wahlsieger wollen vom Bürgerwillen noch viel wissen. Außer dem „Duktus“ des Antrags der AfD, den Dr. Amann (der im Frühjahr einen fliegenden Wechsel von der CDU zu den Grünen hingelegt hatte) mit erhobenem Zeigefinger kritisierte, wurden wenig Sachargumente dagegen vorgebracht.
Stadthallenhotel wird Hochhaus – OK für Grüne, Freie Wähler, CDU und SPD
Beim Antrag der WiR-Fraktion zu einem Bürgerentscheid über das geplante Stadthallenhotel waren die drei AfD-Gemeinderäte die Einzigen, die zustimmten. Die Nähe der anderen Fraktionen zum Investor und die Not mit der nicht ausgelasteten Stadthalle (fast 1 Mio. Zuschussbedarf im Jahr) ist offenbar größer als die Rechtstreue zum aktuell noch gültigen Bebauungsplan und der demokratische Respekt vor dem Bürger.
Zero-Emission bei 90 Containern und 180 – 300 LKW am Tag? Was könnte man sonst mit 650.000 Euro Steuergeld alles machen?
Eine dritte große Entscheidung betraf die große 5 ha-Brache des ehemaligen Güterbahnhofs zwischen der Sondelfinger Straße und dem Bahngleis Richtung Stuttgart. Hier sollten die Gemeinderäte Planungskosten von 650.000 € für ein vollautomatisiertes Container-Terminal zustimmen, obwohl die wesentlichen Planungszahlen nur in der nichtöffentlichen Ausschuss-Sitzung berichtet wurden – der Bürger soll die Zahlen nicht kennen. Nur soviel sei verraten: die zig-Mio. Investition soll nur 3 – 5 Arbeitsplätze bringen, die Gewinnzone soll frühestens nach 10 Jahren erreicht werden, damit auch eventuelle Gewerbesteuererträge für die Stadt Reutlingen und wie alle KV-Bahnhöfe („Kombinierter Verkehr“) auf Dauer von Bundessubventionen, also Steuergeld, abhängig sein. Alle anderen Stadträte (außer den drei AfD-Männern und einer Stadträtin von den Grünen, die Unabhängige Ariane Wiedemann) ließen sich vom neudeutschen Etiketten-Schwindel „ZELT = Zero Emission Logistics Terminal“ blenden – wie wenn drei lange Güterzüge am Tag mit 90 Containern und 180 bis 300 LKW pro Tag auf der Sondelfinger Straße, die die Container in ganz Südwürttemberg verteilen sollen, ohne Lärm- und Luftbelastung auskommen könnten. Allein der grüne Holger Bergmann teilte die Kritik von Schrade, der die Bewohner vor allem des Gebiets Voller Brunnen als die Leidtragenden ansieht. „Innovativ“ war das Zauberwort, das den Stadträten die 650 k€ aus der Tasche ziehen sollte. Schrade sprach dagegen von „Versuchskaninchen“, die Steuerzahler und Bewohner des Vollen Brunnen werden.
Traum-Wagen: Elektro-LKW für 25 Tonnen Nutzlast mit 200 km Reichweite
Die Elektro-LKWs, die einen 25-Tonnen-Container laden und dann bis Tuttlingen oder Konstanz ausliefern können (das ist die Planungsgrundlage), sind ein reiner Hoffnungswert, die gibt es noch nicht, geschweigen einen Brennstoffzellen-LKW mit der Ladeleistung und Reichweite. Auf dieser Planung werden -zig-Millionen investiert, dann sind diese LKW nicht da, dann müssen eben aus lauter Sachzwängen doch Diesel-LKW die (Drecks-)Arbeit erledigen – so wird’s kommen!
Nachtrag: der meistgelesene SPIEGEL-Artikel heute zerstört alle feuchten Batterie- und Brennstoffzellenträume:
DER SPIEGEL vom 27.09.2019 (hier)
„… die Autobranche setzt voll auf batterieelektrische Mobilität. Aus mehreren Gründen ist das umstritten. Es werden zum Beispiel immense Wassermengen benötigt, um den für die Batterien notwendigen Rohstoff Lithium zu fördern; Kobalt, ein weiterer wichtiger Bestandteil der Akkus, wird vor allem im Kongo unter fragwürdigen Bedingungen und teils sogar von Kindern und Jugendlichen abgebaut; und schließlich sind etliche Schwierigkeiten beim Recycling der Akkus noch nicht gelöst. Und das sind nur die größten Probleme der Batteriestrategie.
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Doch selbst wenn der Strom aus erneuerbaren Energien stammt: Bei der Herstellung von Wasserstoff müssen auch dann gewaltige Mengen an Strom aufgewendet werden. Forscher sprechen davon, dass nur etwa 25 bis 35 Prozent der ursprünglich für die Wasserstoffherstellung eingesetzten Energie am Ende im Elektromotor des Brennstoffzellenfahrzeugs ankommen. Besonders effizient ist das nicht.“

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